Bernhard Laum: Heiliges Geld. Eine historische Untersuchung über den sakralen Ursprung des Geldes. Mit einem Nachwort von Christina von Braun. Hardcover, 206 Seiten. Berlin: Semele Verlag, 2006.
Die Kulturwissenschafterin Christina von Braun schreibt in ihrem Nachwort zu "Heiliges Geld": "Vielleicht sollte man sich endlich darauf einigen, die Moderne in der Antike beginnen zu lassen, warum nicht?" Tatsächlich handelt das Buch von Bernhard Laum von einem Umbruch, der zu genau jener Zeit stattfindet, von der René Guénon in "Die Krise der modernen Welt" folgendes geschrieben hat: "Im sechsten vorchristlichen Jahrhundert vollzogen sich, aus welchen Gründen steht dahin, bei fast allen Völkern bedeutsame Wandlungen, die im übrigen ein nach Orten verschiedenes Gepräge trugen." Griechenland trat in dieser Zeit in seine klassische Epoche ein. An der Scheide stehen die homerischen Epen, die Laum als Ausgangspunkt seiner Untersuchungen nimmt, und die Einführung des Gelds. Sprachlich nicht gerade glücklich identifiziert Laum die Rinder als "prämonetäre Geldform". Er weist nach daß Rinder weder als reales Tauschmittel des zu homerischen Zeiten praktisch nicht vorhandenen Außenhandels (der im wesentlichen im wenig normierten Austausch von Gastgeschenken besteht) noch innerhalb der geschlossenen Hauswirtschaft möglich waren. Woher stammt die in der Ilias als feste Norm eingeführte Abschätzung der Güter anhand des Rindes - "Erst dem Sieger ein groß dreifüßig Geschirr auf dem Feuer, welches an Wert zwölf Rinder bei sich die Danaer schätzten; doch dem Besiegten stellt er ein blühendes Weib in den Kampfkreis, klug in mancherlei Kunst, und geschätzt vier Rinder an Wert" - wenn nicht aus dem Tausch?
Bereits der Titel des Werks deutet es an: aus dem Opferkult. Wie dieses reale blutige Opfer (dessen Wesen noch Joseph de Maistre gut erfassen und vergegenwärtigen konnte) durch Opfermünzen ersetzt wurde (sinnfälligerweise gehen in der katholischen Messe Geldkollekte und unblutige Darbringung des Messopfers des wahren Lammes bis in die heutige Zeit Hand in Hand), ist aus der Perspektive der Ablösung der Tradition durch die moderne Welt der abstrakten Werte, die ihren Höhepunkt in der Vernichtung der realen Welt am Altar des Götzens Mammon finden, von höchster Bedeutung.
León Bloy konnte fast dreißig Jahre vor Laum schreiben: "Die Offenbarung lehrt uns, daß Gott allein arm ist, und daß sein einziger Sohn ein Bettler ist. (...) Sein Blut ist das Blut der Armen, durch das die Menschen 'erkauft sind um hohen Preis'. Sein kostbares Blut, daß ganz rot und ganz rein ist, kann alles bezahlen. Das Geld muß also sein Abbild sein: (...) das Geld, das tötet und lebendig macht wie das Wort, das Geld, das man anbetet, das eucharistische Geld, das man trinkt und ißt. (...) Alle Aspekte des Geldes sind Aspekte des Gottessohnes, der das Blut schwitzt, durch das alles vollbracht wird." (Das Blut der Armen, Wien 1998)
Aber auch der Zusammenhang von Souveräntität des Staates als Opfer- wie Rechtsordnung mit dem neu erfundenen Münzgeld wird von Laum deutlich gemacht, wenn man den Aspekt auch umgekehrt sehen könnte: wie hat sich der Staat durch die Festsetzung des Geldes in neuer Form etabliert und vielleicht dabei an traditioneller Form eingebüßt. Es seien seine von ihm im Schlußkapitel zusammengefaßten Thesen angeführt:
"1. Der Ursprung des Geldes liegt im Kultus.
2. Das Geld ist ein Geschöpf der Rechtsordnung.
3. Die Zahlungsmitteleigenschaft des Geldes ist historisch älter als die Tauschfunktion.
4. Die Funktion des Wertmessers ist ebenfalls im Kult entstanden.
5. Das "chartale" Geld ist nur aus der sakralen Sphäre zu begreifen.
6. Der Staat ist Schöpfer des Geldes geworden, weil er Träger des Kultus war." (S. 189f.)
Da es nicht unsere Absicht war, eine Besprechung vorzunehmen, sondern nur einen Buchhinweis zu geben, sei hier noch ergänzend die Editorische Notiz des Semele-Verlages wiedergegeben:
Bernhard Laum: Heiliges Geld
Editorische Notiz
Was ist der Grund, ein Buch herauszugeben, das im Schatten der Hyper-Inflation, im Jahr 1924, veröffentlich worden ist. Bernhard Laums Heiliges Geld ist ein Werk, das im heftigsten Kontrast zur klassischen Volkswirtschaftslehre steht, aber doch alle Tugenden des Positivismus aufweist: also Präzision der Daten und einen vorsichtigen, fast skrupulösen Umgang mit dem Material. Am Ende aber steht fest, was die Nationalökonomie mit ihrer Fixierung auf den homo oeconomicus nicht ins Auge fassen: dass Geld nicht dem Tausch, sondern dem Opfer sich verdankt.
Was genau ist die Tragweite dieses Konflikts? Indem die National-ökonomen den Ursprung des Münzgeldes in den Tausch, unterstellen sie dem Geld also einen intrinsischen Nutz- und Gebrauchswert. Mit dem Münzgeld spannt sich gleichsam ein rationaler Raum auf, der nicht weiter erklärt werden muss - denn er erklärt sich von selbst. Vor allem ist man damit der Problematik enthoben, das Verhältnis von Geld und Geist zu klären, wird man immer auf die vermeintliche Rationalität des Geldes abheben (was in der Tat nichts anderes ist als der Terror der Ökonomie). Aber lässt sich das Münzgeld tatsächlich aus diesem monetären Utilitarismus verstehen? Sind Menschen auf die Münze mit Nennwert verfallen, weil sie die praktischste und sinnfälligste Austauschform bietet.
Vor dieser Frage gilt es, Bernhard Laums Heiliges Geld zu lesen. Es ist das Werk eines Altphilologen, der zunächst nicht als Nationalökonom, sondern als Archäologe begann, der als Mitarbeiter des Archäologischen Instituts tätig war und später in Rom für diverse Museen Kunstwerke erstand. Parallel dazu artikulierte sich ein immer stärker werdendes Interesse an der Nationalökonomie, vor allem aber am Ursprung des Geldes, das in der Antike liegt, denn die griechische Kultur ist zu dieser Zeit (irgendwann im 7. Jhdt.) die einzigen, die Münzen mit Nominalwert emittierte. Der Altphilologe, der zum Nationalökonom wird (und später im ostpreußischen Braunberg, dann in Marburg zum Professor der Volkswirtschaftslehre wird) - dieser Werdegang erklärt das Einmalige dieses Buches. Denn hier geht nicht ein Ökonom auf eine weit zurücklegende Epoche los, um sie, der retroaktiven Betachtungsweise, den Gesetzen der Disziplin zu unterwerfen, sonder umgekehrt: der Historiker versucht, die Entstehung des Geldes aus dem heraus zu verstehen, was ihm an historischen Material und Wissen zuhanden ist. Damit aber lässt Laum zu, was im Grunde eine Art Insubordination erster Ordnung ist: Geld entsteht nicht aus der Rationalität von Handel und Wandel, sondern es entspringt dem Kultus. Es ist eine Tempel- und Opferwährung, die im metaphysischen Grenzverkehr, nicht aber in einem wie auch immer gearteten Markt angesiedelt ist.
Der Schock, den Laums Buch auslöste, scheint, gut achtzig Jahre nach seiner Veröffentlichung, noch immer nicht ganz verwunden zu sein. Zuallererst aber war es ein Schock für den Autor selbst, der vor allem bei früheren Fachkollegen feindliche Reaktionen, bei den Ökonomen hingegen Schweigen produzierte. Und dabei ist es geblieben. Das Heilige Geld blieb ein Fremdkörper, der, wenn überhaupt (aber dann überaus enthusiastisch) von Geisteswissenschaftler rezipiert wurde.
Im Grunde ist es die härteste Kritik, der sich die Nationalökonomie (mit ihrem Phantasma von der instrinsischen und selbsterklärenden Logik des Geldes) stellen muss. Im Geld, das wird klar, liegt ein Konzept der Souveränität (eine Staatsgottheit) und zugleich eine metaphysische Dimension.
Gustav Ruhland - eine Geschichte des Handels-Kapitals!
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Bernd Senf - nach Wilhelm Reich
http://www.berndsenf.de
Dt. Freiwirtschaftsbund - ebenfalls auch historische Texte
http://www.freiwirte.de
Peak Oil und 9.11.
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